Hildburghausen: Nazi-Anzeige hat für Bürgermeister keine Konsequenzen

Der Bürgermeister von Hildburghausen Holger Obst (CDU) sorgte Ende Febuar für Schlagzeilen, da dieser unkommentiert eine originale Nazi-Anzeige von 1945 im Amtsblatt der Stadt abdrucken ließ. Abgesehen von einem symbolischen Rüffel hat dieser aber mit keinen Konsequenzen zu rechnen.

von: Antifa Suhl/Zella-Mehlis

Im Hildburghäuser Stadtanzeiger vom Februar 2019 rief der Bürgermeister zum Gedenken an die Opfer des Luftangriffes von 1945 auf. Unter dem zweispaltigen Zehnzeiler wurde links eine Anzeige zur Trauerfeier aus dem Jahr 1945 abgedruckt, rechts waren zwei Bilder des Gedenkens abgedruckt. Oben zu sehen: die Wehrmacht, die Salven in die Luft abfeuert, unten: die offizielle Versammlung auf dem Marktplatz in Anwesenhet ‚des Führers‘.

Schnell sorgte die Anzeige in der Lokalpresse und auch darüber hinaus für Aufsehen. Von einer Panne war in da die Rede, zum Ausdruck gebracht wird die Sorge um das sowieso schon braune Image der Stadt. Aus den Reihen der Linken und SPD wurden auch Rücktrittsfoderungen laut. Die Stadt nahm daraufhin die im Netz abrufbare Version von der Seite und ersetzte sie durch eine entschuldigende Notiz. Die Kommunalaufsicht, die die Sache bezüglich eines Verstoßes gegen die Bekanntmachungsverordnung prüfte, kam zu dem Ergebnis, es handle sich um „mangelnde Sorgfalt und mangelnde Kontrolle“ vonseiten des Bürgermeisters, aber nicht um ein disziplinarisch relevantes Vergehen.

Als problematisch gilt dabei nicht erst das unkommentierte Abdrucken der Nazi-Anzeige, in der von einem Terrorangriff die Rede ist und in der die Volksgenossen zum Zeigen von Ehrfurcht vor den Gefallen aufgerufen werden. Vielmehr zeigen diese doch – mit mangelnder Sorgfalt unbeschönigt und vielleicht in ihrer Offenheit ungewollt – auf, wie der Aufruf vom Bürgermeister zum Gedenken an die Luftangriffe der Alliierten von 1945 zu bewerten ist. Es mangelt zum einen völlig an einer historischen Kontextualisierung – kein Wort nämlich darüber, dass diese eine Reaktion auf den von den Deutschen geführten Vernichtsungskrieg waren. Zum anderen stellt sich ein öffentliches Gedenken an getötete Wehrmachtssoldaten – statt etwa an die Opfer des Nationalsozialismus – in eben deren Tradition. Moralisch geebnet wird das durch eine Täter-Opfer-Umkehr.

Obst entschuldgte sich schließlich dadurch, den Vorfall zu einem Fehler einer Mitarbeiterin zu erklären und kündigte an, in Zukunft mehr Sorgfalt walten zu lassen. Damit ist die Sache dann auch geklärt, denn in Deutschland weiß man: Wenn es die anderen waren und er von nichts gewusst zu haben meint, hat er sich da auch nichts vorzuwerfen.


Seite aus dem mittlerweile online gelöschten Amtsblatt vom Februar 2019.